Donnerstag, 21 November 2024

Pfarrhäuser

 

In der Seckenheimer Hauptstraße befinden sich die beiden Pfarrhäuser einen Steinwurf voneinander entfernt.

Diese unmittelbare Nähe begründet sich in der gemeinsamen simultanen Nutzung der Pfarrkirche St. Aegidius nach dem Bergsträßer Rezess externer Link von 1650, der die Umsetzung des Westfälischen Friedens externer Link von 1648 für Seckenheim, Dosssenheim, Handschuhsheim und Viernheim beinhaltet.
Der in Münster und Osnabrück ausgehandelte Friedensvertrag beendet den 30 jährigen Krieg und bedeutet für die alte Kurpfalz einen dramatischen politischen Verlust. So muss die Oberpfalz an die katholischen bayrischen Wittelsbacher abgetreten werden. Seckenheim aber wechselt am 22. Februar 1651 von der seit 1623 bestehende Kurmainzer Herrschaft wieder zurück zur angestammten Kurpfalz. Ebenso Dossenheim und Handschuhsheim. Die nördliche Bergstrasse und Viernheim bleiben bei Kurmainz. Die heutige Landesgrenze zu Hessen stammt aus dieser Zeit. Im § 7 des Bergsträßer Rezess stimmen die reformierten pfälzischen Wittelsbacher der Nutzung der Kirche St. Aegidius als Simultankirche zu. Auch auswärtige Katholiken dürfen den Gottesdienst in Seckenheim besuchen.

Schon 1556 hat Kurfürst Ott-Heinrich die lutherische Reformation in der Kurpfalz eingeführt, es folgen bis 1622 Calvinisten, Reformierte. In dieser Zeit wohnt der "gewesenen reformierten Pfarrer Zink" auf dem Anwesen, der damalige katholische Pfarrer dagegen im Hunsrück zur Miete. Das Verhältnis beider Konfessionen zueinander ist durch tiefe Feindschaft gekennzeichnet. Kirche und Pfarrhof werden im Dreißigjährigen Krieg externer Link im Spätsommer 1622 durch die „katholischen“ Truppen Tillys verwüstet. Die "evangelischen" schwedischen Truppen versuchen 1632-1634 die alte Kurpfalz wieder herzustellen. Seckenheim kehrt kurzzeitig unter die Pfälzer Hoheit zurück. Verwüstungen und Plünderungen bleiben. 1648 werden noch 52 Einwohner von ursprünglich 618 Einwonher im Jahre 1620 gezählt.
Der Friede von 1648 ist ein Meilenstein europäischer Diplomatie und verhindert in den „Deutschen Landen“ weitere "Glaubens"kriege. Für Seckenheim ist mit dem Bergsträsser Rezess “... eine Norm gesetzt, hinter der man nicht mehr zurückweichen konnte. So übte dieser Vertrag eine zähe und unaustilgbare erzieherische Wirkung auf die allgemeine Duldsamkeit aus.“
Das ursprüngliche Pfarrhaus ist seit 1635 wieder ausschließlich im katholischen Besitz. 1663 errichteten die Seckenheimer Protestanten ein eigenes Gebäude.
Dieses Haus wird Jahrzehnte später abgerissen und 1750 durch einen Barockbau – das heute so benannte alte evangelische Pfarrhaus - ersetzt. Im äußeren Erscheinungsbild bleibt es unverändert. Nur das Straßenniveau war erkennbar tiefer.
1869 beenden die Protestanten die gemeinsame Nutzung von St. Aegidius. Der evangelische Pfarrer muss nun die mehr als 200 Meter lange Strecke von seiner Wohnung zum Gottesdienst in die neu erbaute evangelische Erlöserkirche zurücklegen. Erst 1955 erstellt die evangelische Gemeinde das heutige Pfarrhaus hinter der evangelischen Kirche.
Das ebenfalls bis heute bestehende katholische Pfarrhaus wird 1730 vermutlich vom kurpfälzischen Hofbaumeister und Erbauer der barocken St. Aegidiuskirche (1737 - 1904), Sigismund Zeller neu erbaut.

Heute ist im Sinne der christlichen Ökumene eine gemeinsame Nutzung beider Kirchen bei Gottesdiensten und Veranstaltungen möglich. Eine Geschichte der Ökumene in Seckenheim hat unser Vereinsmitglied Meinrad Blümmel verfasst.

 

Pressebericht zur Enthüllung und Fotos...