Donnerstag, 21 November 2024

Treideln

 Flussaufwärts mussten die Schiffe gegen die Strömung vom Ufer aus an einer langen Leine, der Treidel, gezogen werden. Das Wort ,treideln’ leitet sich vom lateinischen „tragulare“ — ziehen oder schleppen ab. Die Römer legten schon die ersten Treidel- oder Leinpfade an. Diese waren schmale Knüppeldämme. Ein uralter Erlass bestimmte im Mittelalter, dass der Unterhalt der Leinpfade von den Grundbesitzem bestritten werden musste. Häufig klagten die Schiffszieher über den schlechten Zustand der Treidelwege wegen unterlassener Instandsetzung.
Die Leine war am Mast befestigt und mit dem Vorschiffverbunden, um den Schiffsbug in Richtung zu halten. Die Schiffszieher trugen einen breiten Brustgurt aus Leder, Segeltuch oder geflochtenem Hanf, an dem das Zugseil angehängt werden konnte. Zwischen 2 und 20 Menschen waren notwendig, um ein Schiff zu treideln. Es bildete sich ein eigener Berufsstand der Schiffszieher oder Karcher. Aber bei ärmeren Schiffen mit kleinen Nachen hing oft die ganze Familie in den Seilen. Die Schiffszieher waren die Ärmsten, oft nur in Lumpen gekleidet.
Sie mussten teilweise bis zur Hüfte im Wasser waten und, um Stromschellen zu überwinden, auf allen Vieren kriechen. Sie führten auch Kappmesser mit, um im Notfall die Leine zu kappen.
Die schwere Arbeit verlangte einen besonderen Rhythmus, der durch den Treidelstock und einem eintönigen Gesang gehalten wurde. Die Verpflegung stellten die Schiffer. Nur 2 km/h waren an Tempo möglich und die Treidler schafften höchstens Etappen von 15-20 Kilometer am Tag.
Da es so langsam voran ging, leitete der Volksmund das Wort trödeln von treideln ab. Auch die Redewendung ' „Zieh’ Leine“, dass jemand fortgehen, verschwinden soll, rührt vom Treideln.
Bis etwa in die 2. Hälfte des l8. Jahrhunderts wurden Schiffe am Neckar von Menschen gezogen.

 

Pferdetreidelei

Mit der Größenzunahme der Schiffe reichte die menschliche Kraft zum Treideln nicht mehr aus. l Pferd ersetzte 4 Männer. Für eine Fracht von ca. 2000 bis zu 3600 Zentner wurden 10-12 Pferde benötigt.
Voraussetzung für die Pferdetreidelei war das Vorhandensein eines geeigneten Treidelweges von etwa 1,5 m Breite mit starker Befestigung, denn die Pferde bewegten sich paarweise schräg zum Ufer. Die Bedingungen am Neckar waren sehr ungünstig. Zunächst schafften sich nur wenige Schiffer Pferde an. Später entwickelte sich aber ein eigener Berufsstand der Schiffsreiter oder Halfterer.
Die Bezeichnung Halfterer kam vom typischen Reitersitz, dem Damensitz, weil die Reiter nur halb am Pferd saßen. Sie ritten seitlings, dem Strom und dem Schiff zugewandt, um bei Gefahr sofort eingreifen zu können. Bei Stromschnellen wurden zusätzlich Pferde angeleint, sogenannte „Stichlingspferde“.
Die Pferdetreidelei war ebenfalls eine Quälerei für Mensch und Tier. Bei häufigen Unfällen ertranken beide im Fluss. Die Halfreiter trieben mit einem eintönigen „Holla—ho“ die Pferde an. Bei schwierigen Stellen mit starker Strömung hieben sie aber auf die Pferde ein, damit diese sich ins Zeug legten.
Die große Mehrzahl der Halfterer war in Neckarhausen beheimatet. Ende der 1870er gab es hier 40 selbständige Schiffsreiter mit 105 Pferden (in Ilvesheim 40, am Schwabenheimer Hof20 und in Haßmersheim 15-20 Pferde).
Die Abfahrt der Treidelzüge erfolgte zwischen 4 und 8 Uhr morgens in Mannheim oberhalb der Kettenbrücke. Gewöhnlich fuhren 2-4 Schiffszüge hintereinander los, um sich bei Schwierigkeiten zu helfen. Von Mannheim bis Neckargemünd wurde auf dem rechten Ufer getreidelt. In Seckenheim oder Ilvesheim wurde am Schiff zu Mittag gegessen. Die erste Übernachtung war am Schwabenheimer Hof. Allen Halfterern, die nicht in Neckarhausen wohnten oder dort geboren waren, wurde unter Strafandrohung verboten, im Ort zu übernachten.

In Heidelberg bei der Alten Brücke ritten die Halfterer durch den letzten Brückenbogen im Fluss. Die 2. Nacht wurde in Neckargemünd, die 3. in Eberbach, die 4. in Haßmersheim, die 5. in Wimpfen verbracht. Am 6. Tag war Heilbronn meist erreicht. Dann ging es in 1—2 Tagen zurück nach Mannheim.
Für die Verpflegung mussten die Schiffer sorgen. Der Hunger und der Durst der Halfterer und ihrer Knechte waren groß. Ebenso lagen die Ausgaben für das Pferdefutter, das Pferdegeschirr und das Seilzeug bei den Schiffern. Häufig kam es zu Streitereien zwischen Schiffern und Schiffsreitern. Deshalb wurde 1863 ein detaillierter Vertrag abgefasst, der die Verhältnisse genau regelte.
Die wachsenden Unkosten für die Schiffsreiter verteuerten auch die Schleppkosten für die Schiffe. Der Mietlohn für l Paar Pferde und einen Reiter kostete für die 113 km lange Strecke von Mannheim nach Heilbronn 1865 — 46 Gulden, 1875 — 63 Gulden. Hinzu kamen noch die Verpflegungskosten.

1870/71 waren noch 30 bis 40 Treidelzüge täglich auf Bergfahrt. Aber die Treidelschifffahrt wurde zu teuer und sie war vor allem zu schwerfällig in Hinblick auf die Konkurrenz von Eisenbahn und Kettenschlepper. Das Ende der Pferdetreidelei kam 1878, als die Kette im Neckar verlegt war. Aber auch am Anfang des 20.Jahrhunderts war gelegentlich noch ein Pferdetreidler unterwegs, wenn Kettenschlepper und Dampfboote verhindert waren.

 

Schiffsreiter1 960

 

„Holländer Holz“

Nach dem 30jährigen Krieg entwickelte die Handelsmacht Holland durch ihre hohe Kaufkraft einen imposanten Holzhandel mit einem großen technischen und organisatorischen Aufwand, mit hohem Kapitaleinsatz und großem Risiko.

Die aufblühende Seefahrt brauchte viel Holz für den Schiffbau. Den Rhein hinaufkam die Holländische Holzhandels-Kompanie bis zum Schwarzwald.

Nach 1700 und in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts war die „Goldene Zeit“ des Holländerholzhandels im Schwarzwald. Unbearbeitete starke Langhölzer, besonders Tannen, der windstillen Nordhänge waren wegen des geraden Wuchses gefragt. Solche Stämme konnten bis zu 130m lang sein.

Sammelpunkt der Schwarzwaldflöße war Mannheim, das rasch zum beherrschenden Handels- und Umschlagplatz wurde. In Mannheim ließen sich rheinische und holländische Holzhandelshäuser nieder, kauften das Holz auf und übernahmen als Zwischenhändler den Weitertransport. Das Ziel war Dordrecht, wo die Versteigerung des Holzes stattfand, das auch noch englische Käufer fand.
Ein Dordrechfloß von 300 - 350 m Länge und 40 - 45 m Breite hatte mehr als 500 Floßknechte als Besatzung, umfasste etwa 20.000 Kubikmeter Holz und brachte bis zu 300.000 Gulden bei der Versteigerung.
Für die Fahrt von Mannheim nach Dordrecht von ca. 550 km benötigte ein riesiges Holländerfloß 30 bis 40 Tage. ( Quelle: Gemeindemuseum Edingen-Neckarhausen)

 

Treidelschiffahrt
Wurden früher die noch verhältnismäßig kleinen Nachen mit Muskelkraft flußaufwärts gezogen, so setzte man mit dem Anwachsen der Frachten und Schiffsgrößen seit Beginn des 19. Jahrhunderts Pferde für diese schwere Schlepparbeit ein, die mit lautem "Hollaho" von sogenannten Schiffs- oder Halfreitern auf den Treidel- oder Leinpfaden nicht gerade zimperlich angetrieben wurden. Diese Schiffsreiterei war ein eigenes, vor allem in Neckarhausen bei Mannheim beheimatetes Gewerbe. Für den hessischen Streckenabschnitt des Neckars lag der Rittbetrieb in der Zuständigkeit der Einwohner von Neckarhäuserhof, von denen wiederum die Familie Krieger auf eine besonders lange Tradition der Schiffsreiterei auf den Treidelpfaden zurückblicken konnte. Ein von Pferden gezogener Schleppzug bestand gewöhnlich aus einem Hauptschiff mit Mast, einem Enkernachen und einem Rudernachen mit einer Gesamtladung von 3000-4000 Zentnern je nach Wasserstand, die gezogen wurden von 6-10 Pferden mit 3-4 Reitern. Meistens fuhren 2 bis 3 Schiffszüge hintereinander, um sich bei gefährlichen Stellen gegenseitig auszuhelfen. Für die Strecke von Mannheim bis Heilbronn brauchte ein solcher Transport 5 bis 8 Tage, verbunden mit Kosten für Zölle sowie Übernachtungen und Verpflegung der Reiter. Man kann sich denken, daß mit Beginn des Eisenbahn-Zeitalters ein solcher Betrieb zunehmend unrentabler wurde, zumal auf dem Rhein bereits seit 1840 auch für den Frachtverkehr die Dampfschiffahrt zur Verfügung stand.

Die auf dem Neckar ab 1841 unter dem Jubel der Bevölkerung eingesetzten drei Raddampfer galten überwiegend der Personenbeförderung und konnten sich nur bis 1869 halten. (Quelle WWA)

Das Treideln auf Wikipedia externer Link


Einführung der Kettenschiffahrt
Die Konkurrenz der schnelleren Eisenbahn, die ständig steigenden Rittlöhne, die erst 1871 völlig beseitigten Wasserzölle und die nach wie vor bestehende Abhängigkeit der Schiffahrt von Wasserstand, Eisgang oder Hochwasser schränkten in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts den Ertrag der traditionellen Frachtschiffer oder Partikuliere (Schiffseigner mit einem oder höchstens zwei Schiffen) dermaßen ein, daß die Einstellung der gesamten Neckarschiffahrt befürchtet werden mußte. In dieser Not reifte die Planung für die Einführung einer Kettenschleppschiffahrt, wie sie bereits seit 1869 auf der Oberelbe bestand. Mit Unterstützung der badischen, württembergischen und hessischen Regierung gelang es, eine Aktiengesellschaft für die Kettenschiffahrt auf dem Neckar zu gründen. Von März bis Mai 1878 dauerte die Verlegung der 113 km langen Kette auf dem Grund des Flusses, das erste Kettenschleppschiff wurde gebaut, und am 23. Mai 1878 fand von Wimpfen aus die festliche Eröffnungsfahrt statt.

Mehr als 50 Jahre lang sorgte nun diese technische Neuerung dafür, daß die Partikulier-Schiffahrt einen neuen Aufschwung nahm. Der wichtigste Grund lag dabei in der Verkürzung der Fahrtdauer von Mannheim nach Heilbronn, für die nun statt der bisher 5-8 Tage mit Pferden nur noch 2-3 Tage (je nach Wasserstand) benötigt wurden. Damit konnte man auch der Eisenbahn Konkurrenz bieten. Der Wegfall der Rittlöhne verbilligte außerdem die Frachtkosten. Die Kettenschleppschiffahrt bewährte sich auch dann noch, als allmählich die traditionellen Holzschiffe durch Eisenschiffe ausgetauscht wurden. Um 1900 gab es am Neckar 284 Holz- und 122 Eisenschiffe. Die wichtigsten Transportgüter zu Berg waren Kohlen, Getreide, Eisen- und Kolonialwaren sowie ausländische Hölzer und zu Tal Koch- und Steinsalz, Gips, Zement, Soda, Häute und Steine. (Quelle WWA)

 


 

 

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